Werktitel
rauschkinder
Komponist:in
Entstehungsjahr
2007
Dauer
54m 30s
Genre(s)
Neue Musik
Besetzung
Elektronik
Soloinstrument(e)
Besetzungsdetails
Violine (1), Elektronik (1)
Stilbeschreibung:
"Im Gegensatz zu vielen anderen Sprachen ergibt sich im Deutschen ein gewisses etymologisches Naheverhältnis von Geräuschhaftem und Berauschten. Und das nicht völlig ohne Grund. Rauschen ist im Kontext elektronischer Klangübertragung und -wiedergabe zumeist als Unerwünschtes zugegen und wird als solches kaum je in seiner eigenen Vielschichtigkeit wahrgenommen, geschweige denn honoriert. (Wer weiß denn noch die Schönheit des Zusammenbruchs einer Telefonverbindung in ihrer wunderbaren Klanglichkeit zu schätzen.) Wird in den Kommunikationstechnologien wie im Tonstudio also streng zwischen Signal und Rauschen unterschieden, ist dies in kompositorischer Arbeit nicht immer der Fall. Nur der fanatischste aller Notenkopfjongleure wird sich dem Nebengeräusch und dessen Verlockungen gänzlich verschließen wollen. Sobald man komponierend bereit ist, eigenes Hören zu flexibilisieren, verwandelt sich das ungeplante Nebengeräusch von Störendem zu Hilfreichem, neue Beziehungsfelder eröffnen sich, das Böse wird Gut und legt so Zeugnis ab von der Macht der Wahrnehmung.[...] So ist etwa ein vierminütiger Abschnitt in ungefährer zeitlicher Mitte von 'Rauschkinder' eine Miniatur, deren Ausgangsmaterial das Ergebnis eines gescheiterten Versuches ist, im juridischen Graubereich eine dezentrale Sicherungskopie eines Hörspiels von John Cage zu erstellen. Download, Umkodierung und Abspeicherung resultierten in einem vom intendierten sich doch sehr unterscheidenden Signal, nämlich breitbandigem Rauschen mit teils drastischen, teils graduellen Veränderungen in Spektrum und Amplitude. Nur hie und da scheinen Stimmen ('John ?') durchzuscheinen. Zumal das menschliche Ohr gerade bei gleichmäßigem Rauschen, also dort, wo sich höchste Dichte (im Falle von 'weißem' Rauschen alle Frequenzen zu gleichen Teilen) mit größter Leere, totalem Mangel an Form, trifft, schon kleinste Abweichungen zum Anlass nimmt, zu versuchen Sinnhaftes zu konstruieren."
Volkmar Klien, 2007 Zitat und gesamte Stilbeschreibung unter:
http://www.volkmarklien.com/compositions/index.html
Stand Nov. 2007
und Almanach: wien modern 2007, S.128
Uraufführung:
Mitwirkende: Lin Wei-Ping
Ort der Uraufführung: Ruprechtskirche Wien
Veranstaltende Organisation: wien modern
"Im Gegensatz zu vielen anderen Sprachen ergibt sich im Deutschen ein gewisses etymologisches Naheverhältnis von Geräuschhaftem und Berauschten. Und das nicht völlig ohne Grund. Rauschen ist im Kontext elektronischer Klangübertragung und -wiedergabe zumeist als Unerwünschtes zugegen und wird als solches kaum je in seiner eigenen Vielschichtigkeit wahrgenommen, geschweige denn honoriert. (Wer weiß denn noch die Schönheit des Zusammenbruchs einer Telefonverbindung in ihrer wunderbaren Klanglichkeit zu schätzen.) Wird in den Kommunikationstechnologien wie im Tonstudio also streng zwischen Signal und Rauschen unterschieden, ist dies in kompositorischer Arbeit nicht immer der Fall. Nur der fanatischste aller Notenkopfjongleure wird sich dem Nebengeräusch und dessen Verlockungen gänzlich verschließen wollen. Sobald man komponierend bereit ist, eigenes Hören zu flexibilisieren, verwandelt sich das ungeplante Nebengeräusch von Störendem zu Hilfreichem, neue Beziehungsfelder eröffnen sich, das Böse wird Gut und legt so Zeugnis ab von der Macht der Wahrnehmung.[...] So ist etwa ein vierminütiger Abschnitt in ungefährer zeitlicher Mitte von 'Rauschkinder' eine Miniatur, deren Ausgangsmaterial das Ergebnis eines gescheiterten Versuches ist, im juridischen Graubereich eine dezentrale Sicherungskopie eines Hörspiels von John Cage zu erstellen. Download, Umkodierung und Abspeicherung resultierten in einem vom intendierten sich doch sehr unterscheidenden Signal, nämlich breitbandigem Rauschen mit teils drastischen, teils graduellen Veränderungen in Spektrum und Amplitude. Nur hie und da scheinen Stimmen ('John ?') durchzuscheinen. Zumal das menschliche Ohr gerade bei gleichmäßigem Rauschen, also dort, wo sich höchste Dichte (im Falle von 'weißem' Rauschen alle Frequenzen zu gleichen Teilen) mit größter Leere, totalem Mangel an Form, trifft, schon kleinste Abweichungen zum Anlass nimmt, zu versuchen Sinnhaftes zu konstruieren."
Volkmar Klien, 2007 Zitat und gesamte Stilbeschreibung unter:
http://www.volkmarklien.com/compositions/index.html
Stand Nov. 2007
und Almanach: wien modern 2007, S.128
Uraufführung:
Mitwirkende: Lin Wei-Ping
Ort der Uraufführung: Ruprechtskirche Wien
Veranstaltende Organisation: wien modern
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 1. 3. 2020): Klien Volkmar . rauschkinder. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/151998 (Abrufdatum: 4. 12. 2024).